Else Lasker-Schüler (1869-1945)
Else Lasker-Schüler sehe ich als eine der ganz großen Wortkünstlerinnen an. Sie konnte auch malen und hat Worte mit Bildern zusammengeführt – aber auch mit Worten fein gemalt. Sie stand mit manchen Größen der damaligen Zeit in Kontakt, besonders auch mit dem Maler Franz Marc. Als Jüdin floh sie nach Angriffen schon 1933 in die Schweiz, wurde jedoch an ihrer Berufsausübung behindert, besuchte hin und wieder Israel und konnte 1939 nicht wieder zurück und blieb dort, fühlte sich allerdings fern von Freunden nicht wohl. Zudem beschäftigte sie die schwere Zeit, die Juden sowohl in Deutschland als auch in Palästina unter britischer Hoheit erleben mussten. Sie bekam einmal wegen ihrer Exzentrizität Schwierigkeiten, aber auch, weil sie deutsch sprach. 1944 erkrankte sie, starb 1945. Die Gedichte werden zitiert nach: Sämtliche Gedichte, hg.v. F. Kemp, Kösel Verlag München 3. Auflage 1984.
Hinter dem Link verbirgt sich ein sehr schöner Text von Else Lasker-Schüler zu ihrem Glauben. Das, was sie hier schreibt, wird in den Gedichten freilich so nicht deutlich: http://www.deutsche-liebeslyrik.de/else_lasker_schuler_seite/lasker_schuler_prosa5.htm In den Gedichten spricht sie ganz anders von Gott. In beiden Textgattungen spricht sie persönlich, bekennend. Aber wie unterschiedlich kann ein und derselbe Mensch Gott bekennen. Das Wunder des Wortes. In dem Gedicht über Georg Trakl schrieb sie: „Und bereiteten Gott von Mund zu Mund. / Im Anfang war das Wort.“
In ihrem letzten von ihr veröffentlichtem Gedichtband „Mein blaues Klavier“ (1943) finden wir viele Gedichte, die Gott beschreiben: „Gott tröstet mich“ („Die Verscheuchte“), Gott weint, weil die einst türkise Erde grau geworden ist („Ergraut kommt seine kleine Welt zurück“), die heilige Liebe, die Menschen blind zertraten, ist Gottes Ebenbild („Ich liege wo am Wegrand“); sie sagt „Nur in der Offenbarung ist der Weg zu ihm nicht weit“ („Abendzeit“). Sie schwebt die Welten all hinan – in dem Gedicht „Hingabe“ – doch was macht in diesem Gedicht der Mann? Ist es ein Liebeslied – während der Mann auf ihr liegt, gehen ihre Gedanken Welten hinan, sie denkt an Grundsätzliches, über Leben und Sterben – und dass sie alle Bilder, die sie sich von irgendwas gemacht hat, verloren hat? Ein Liebeslied? Hingabe an den Mann? Kaum anzunehmen. Und so geht es mit vielen Gedichten. Gott wird erwähnt, aber es ist sehr schwer, genau zu sagen, was sie meint. Er ist Teil des Lebens wie er ein Teil nur des Gedichtes ist. (Vgl. Ricarda Huch, Theodor Storm) Es wird deutlich: Man muss diese Gedichte ganz lesen. Zitate geben im Grunde kaum Relevantes wieder.
Das Liebesgedicht „Ich weiß“ ist da schon eindeutiger: „Mein Odem schwebt über Gottes Fluß – / ich setze leise meinen Fuß / Auf den Pfad zum ewigen Heime.“ Auch „Mein Herz ruht müde“. In diesem heißt es wunderschön: „Ich habe meines Lebens Schlußakkord vollbracht – / Bin still verschieden – wie es Gott in mir erdacht: / Ein Psalm erlösender – damit die Welt ihn übe.“ >Ich habe<!?
In anderen Gedichten hören wir sie anders Gott wahrnehmen: In „Verstreute Gedichte“ sucht sie Gott – und zerschellt an ihm, wandte sich von ihm ab, denn Gott hat sie versucht. Oder in „O Gott“ ruft sie aus: „Könnte ich einmal Gottes Hand fassen“ … „O Gott, o Gott, wie weit bin ich von dir!“
Auch im Nachlass gibt es kleine Kostbarkeiten: „Gott übersieht die kleinste Kerze nicht“ darüber sinnt sie am Sabbatabend nach. Oder sie fragt sich: Wie kann ihre Klage Gott berühren? Die Menschen leiden so viel – darum schweigt sie mit ihrer Klage zu Gott – denn, so kann man ergänzen: Wenn er diesen Menschen nicht hilft, dann mich auch nicht, Klagen nützen nichts. In „Gott hör…“ findet ihre Klage jedoch Worte und sie legt ihre Seele in Gottes Hände: „Nimm sie still in deine Hände….. / Damit sie leuchtend in dir ende.“ (Gebet)
In diesen Gedichten begegnet uns Licht und Leuchten, Klang und Lied, Odem und schweben… – es sind viele zarte Gedichte, die wir in den Sammlungen finden – auch im Zusammenhang mit Gott. In den „Hebräischen Balladen“ heißt es:
„Meine erste Blüte Blut sehnte sich nach dir, /
So komme doch, /
Du süßer Gott, /
Du gespiele Gott, /
deines Tores Gold schmilzt an meiner Sehnsucht.“ („Zebaoth“)