Mereschkowski war für die russische Literatur sehr bedeutsam, was in dem russischen Wikipedia-Artikel hervorgehoben wird: Er war einer der originellsten Denker der russischen Literatur Dmitri Mereschkowski – Wikipedia .
Er wurde in Sankt Petersburg geboren. Seine Familie lebte in den obersten gesellschaftlichen Schichten. Er geriet jedoch als Gymnasiast wegen der Gründung eines Molière-Kreises ins Visier der zaristischen Sicherheitskräfte; er veröffentlichte 1888 seinen ersten Gedichtband, war allerdings schon durch veröffentlichte Gedichte sehr bekannt geworden. 1889 heiratete er Sinaida Hippius – beide hatten ein besonderes Eheleben (s. dort), das ihn wohl nicht immer behagte, wie einige seiner Gedichte erkennen lassen. Gemeinsam waren sie sehr stark in die Diskussionen der Zeit dadurch eingebunden, dass ihr Haus in Sankt Petersburg ein Treffpunkt vieler Intellektueller und Politiker war, ebenso zeitweise im Pariser Exil. Sie flohen 1919 vor dem Bolschewismus über Polen 1920 nach Paris. Bedeutsam wurde Mereschkowski nicht wegen der Gedichte, sondern vor allem wegen seiner historischen Romane und Novellen.
Besonders bekannt wurde er durch die Trilogie „Christ und Antichrist“. Damit ist auch sein Engagement erfasst: Sinaida Hippius und er setzten sich intensiv für eine Erneuerung des christlichen Glaubens ein. Er ist auch Wegbereiter der in der Neuzeit wieder aufgegriffenen mittelalterlichen drei Reiche Lehre, was der mit ihm bekannte Moeller van den Bruck dann aufnahm, allerdings ohne christlichen Bezug: das Reich Gottes wurde bei van den Bruck zur Nation. Im Mittelalter wurde als erstes Reich das Reich des Vaters angesehen – Altes Testament – , das zweite Reich war das des Sohnes – Neues Testament/Kirche -, das dritte Reich ist das erwartete Reich des Heiligen Geistes. Mereschkowski sieht: Offenbarung des Vaters ist Liebe zur Welt, die Offenbarung des Sohnes ist die Liebe zu Gott, zu dem, der nicht von dieser Welt ist, die Offenbarung des Geistes ist „die Liebe zum Himmel und zur Erde, zu der Welt und zu Gott zugleich“ – was er in Vom Krieg zur Revolution (projekt-gutenberg.org) von der Großmutter Gorkis berichtet, ist ihm selbst wichtig. (Auch Thomas Mann soll von ihm beeinflusst worden sein.) Die Religiosität, so wird vermutet, soll er von seinem deutschen Kindermädchen Amalia Khristyanovna mitbekommen haben. Er war in traditionellen christlichen Kreisen aktiv, betonte allerdings das Evangelium: das heißt, die Tradition ist am Evangelium zu messen – und das Evangelium ist am Menschen orientiert. Sein reflexives Tagebuch, das unter dem genannten Link zu finden ist, ist auch in dieser Hinsicht äußerst interessant zu lesen.
Mereschkowski war für den Nobelpreis nominiert, aber weil er sich zum Faschismus von Mussolini hingezogen fühlte, soll er ihn nicht bekommen haben. Wobei, wie ich das wahrnehme, er sich dem Faschismus annäherte, weil er meinte, in ihm einen Kampfgenossen gegen den Kommunismus gefunden zu haben. So hat er angeblich Hitlers Kampf gegen Russland positiv gesehen, weil Hitler, anders als der Kommunismus, die russische Seele nicht zerstören würde. Diese Einstellung soll dazu geführt haben, dass er gesellschaftlich isoliert wurde und 1941 auch isoliert starb. Sinaida Hippius hat eine Biographie über ihn begonnen, aber nicht vollenden können.
In einem Gedicht (Das Gute, das Schlechte) schreibt er über verschiedene Gewalttaten und beendet es: „Soll das alles aufgelöst, entbunden werden? / O Herr, ich kenne deinen Willen nicht, / Wie soll ich urteilen? Und doch scheint es, / Wir könnten eine sanftere Welt schaffen.„
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Mereschkowski hatte ein Verhältnis zu Gott, das eher der Mystik zuzuordnen ist. So schreibt er in seinem Gedicht „Gott“ Gedichte klassischer und zeitgenössischer Autoren – GOTT (stroki.net): „Solange ich lebe, bete ich zu Dir / Ich liebe Dich, ich atme Dich / Wenn ich sterbe, werde ich mit Dir verschmelzen / Wie die Sterne in der Morgendämmerung. / Ich möchte, dass mein Leben / Zu Dir ein stiller Lobpreis ist / Für Mitternacht und Morgengrauen / Für Leben und Tod, ich danke Dir…“.
Im Zusammenhang dieses Gedichts wird das Gedicht „Morituri“ genannt. In diesem Gedicht greift er die christlichen Märtyrer auf, die in Rom gezwungen waren, wegen ihres Glaubens in der Arena gegen Gewalttäter zu kämpfen. Die Märtyrer sagen: „Lasst uns nur gedenken / Wie viel wir gelitten haben, Brüder! / Das neue Licht des Glaubens wird kommen, / Von denen, die untergehen, seid gegrüßt!“
Aber das Leben von Mereschkowski war nicht immer vom Glauben geprägt, so sieht er auch, dass er lange Zeit ohne Glauben gelebt habe. Und er formuliert sehr vage im Zusammenhang des Kommens Jesu Christi https://stroki.net/content/view/16402/104/ : „Wir sind die Stufen über dem Abgrund, / Kinder der Finsternis, die auf die Sonne warten: / Wir sehen das Licht, und wie Schatten, / Sterben wir in seinem Licht.“ Christen sind die Boten, die auf das Morgenlicht hinweisen, selbst aber noch in der Finsternis sitzen. Eine wunderbare Formulierung: Wie Schatten sterben wir in seinem Licht. Der Schwerpunkt liegt auf dem Sterben – das vom Licht überstrahlt wird. Es ist ein „Warte-Gedicht“ – das das Licht verkündet im Sterben.
Mit dem christlichen Glauben ist Leiden verbunden. Dieser Ansatz begleitet seine Frömmigkeit von Anfang an. Und so wird auch seine Einsamkeit verarbeitet. Die letzten beiden der drei Strophen von „Es macht Freude“ https://stroki.net/content/view/16371/104/ lauten: „Es ist eine Freude, für immer ein Ausgestoßener zu sein, / Und, wie eine Welle im Meer, / Wie eine Wolke am Himmel, ein einsamer Wanderer / Und keine Freunde zu haben. // Nur das Opfer des Unbekannten ist schön: / Wie ein Schatten will ich vorübergehen, / Und süß sei die Last des Kreuzes / Auf meinem irdischen Weg.“
Das Leiden sieht er auch als Unterschied des christlichen Glaubens im Vergleich mit der heidnischen Frömmigkeit „Pantheon“ (https://stroki.net/content/view/16408/104/ ). Die heidnischen Götter sind fröhlich, sie mögen keine Not und keinen Tod. Aber der Gott der Christen ist menschlich. Im Herzen der Menschen kämpfen jedoch beide Aspekte: Freude und Schwierigkeit. Ich finde das Gedicht insofern spannend, als es weiter führt: Menschen wollen ein angenehmes Leben. Leben sie in diesem, benötigen sie keinen Gott, der ihnen in der Not beisteht. Sie konzentrieren sich auf Halligalli. Sie wollen leben wie die heidnischen Götter. Aber der Dichter möchte bei Christus sein, in seiner Liebe, auch mit ihm sterben. Hier stoßen zwei Weltbilder aufeinander. Die sind „in der Seele des Menschen streitend“ bis heute.
Seine Hinwendung zu Gott war nicht immer problemlos „Mein Zorn erlosch“ https://stroki.net/content/view/16447/104/ „Ich liebe dich, du Allmächtiger, ich liebe dich, / Und selbst im bösen Augenblick bei deinem Namen / zitterte meine rebellische Seele vor Glück. / Und hier bin ich wieder… Warum die Liebe verstecken?“ Gott ist für den Dichter, wie gesehen, alles – aber dennoch hatte er sich von Gott abgewendet. In der Abwendung jedoch war er sich Gottes bewusst – die Seele zitterte.
Wie in dem biographischen Teil gesehen, erwartete er eine Zeit, in der Gott und Menschen sehr eng zusammengehen. In dem Gedicht „Der doppelte Abgrund“ https://stroki.net/content/view/16410/104/ weist er den Menschen auf sich selbst – sei dein eigener Schöpfer – aber eben im Rahmen des Abgrunds, und nicht der Rettung. Denn Rettung kommt allein in dem gemeinsamen Handeln von Gott und Mensch. Mereschkowskis Denken wird also eher hiermit ausgesprochen: Ich liebe Gott und mich selbst als eins (Gedichte klassischer und zeitgenössischer Autoren – KINDERHERZ (stroki.net)). In diesem Zusammenhang ist die Auseinandersetzung um Sinaida Hippius zu berücksichtigen. Ihr wurde der Vorwurf gemacht, sie würde sich in der Metapher „Gott“ selbst sehen. Die Einheit des Menschen mit Gott beinhaltet auch, dass nicht nur Gott und das Individuum eine Einheit sind, sondern das Individuum auch mit dem Nächsten eine Einheit bildet. Aber Mereschkowski bekennt: Er kann Menschen nicht lieben Gedichte klassischer und moderner Autoren – Und ich will, aber ich kann Menschen nicht lieben: (stroki.net) So betet er in den letzten Verse von: „Und ich will, aber ich kann Menschen nicht lieben“: „Und doch muss ich nicht mit der Welle leben und nicht mit dem Wind, /
Und ich habe Angst, mein ganzes Leben lang niemanden zu lieben. / Ist mein Herz für immer tot? / Gib mir, Herr, die Kraft, meine Brüder zu lieben!“ Das wird auch im „Gebet um Flügel“ angedeutet https://stroki.net/content/view/16414/104/ :
Niedergeschlagen, trostlos,
Hoffnungslos, flügellos,
In Reue, in Tränen, –
Wir liegen in der Asche des Staubs,
Wir wagen nicht, wir wollen nicht,
Wir glauben nicht, wir wissen nicht,
Und lieben nichts.
Herr, gib uns Befreiung,
Gib uns Freiheit und Lust,
Gib uns deine Freude.
Oh, bewahre uns vor der Ohnmacht
Gib uns Flügel, gib uns Flügel
Die Flügel deines Geistes!
Auch hier wieder – die Bitte darum, lieben zu können. Mit der Liebe verbunden sind Befreiung, Lust, Freude, Tatkraft. Diese sind Kennzeichen des Gottes-Geistes.
Die Gedichte wurden mit DeepL aus dem Russischen übersetzt – und so, wie ich sie verstanden habe, sprachlich angepasst, interpretiert.