13.-15. Jh.

Franz von Assisi (1181/2-1226):

Der bekannteste Text dieses berühmten Menschen ist wohl der Sonnengesang, in dem er die Schönheit der Schöpfung besingt und am Ende, bevor er dazu aufruft, Gottes Willen zu tun, um das ewige Leben zu bekommen, schreibt er https://franziskaner.net/der-sonnengesang/ :

Gelobt seist du, mein Herr,
durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Drangsal.
Selig jene, die solches ertragen in Frieden,
denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt.

Nicht minder bekannt ist das Gebet:

Herr Gott im Himmel und auf Erden,
lass mich dein Friedenswerkzeug werden.
Wo Hass, da lass mich Liebe spenden,
Streit lass mich durch Verzeihen enden.
Wo Zwietracht, lass mich Eintracht bringen,
lass Irrtum mich durch Wahrheit zwingen.
Wo Zweifel herrscht, lass Glaub erstehen,
lass Finsternis im Licht zergehen;
dass, wie man es auch dreh‘ und wende,
die Traurigkeit in Freude ende.

Wir sehen an diesen Zeilen einen ganz anderen Klang, als er bisher gehört wurde. Es ist sehr stark das Soziale im Blickfeld. Christlicher Glaube hat, wie die bisherigen Beispiele gezeigt haben und die folgenden Beispiele zeigen, sehr viele Töne. Manche harmonieren, manche klingen schräg. Aber sie gehören alle zu einem Stück, das Gott in Jesus Christus lobt.

Eher unbekannt ist das Gedicht in der Tradition von Franz von Assisi: „In glut mich liebe senkte: / In glut mich liebe senkte“ Damit ist die Begegnung mit Jesus Christus (dem Bräutigam) gemeint. Diese Begegnung war, wie nicht nur dieser Refrain zeigt, massiv und schmerzhaft. Dem Tod kam er nah. Dann aber wieder zu Kräften gekommen, hält er den Feind fest umschlungen und gründet den Friedensbund. „Denn vom brand aufrichtiger lieb´ entzündet / Glüht mein Christus: siehe, des holden friedens / Freu´ ich jetzt mich, ewigen trost gewährend / Stärkt mein herz mit heiligen kräften Christus: / Sengend traf mit flammender glut das herz mir, / sengend traf mit flammender glut das herz mir Feuer der liebe.“ (Übertragen: Friedrich Schlosser/Eduard Steinle: Die Lieder des heiligen Franciscus von Assisi, Frankfurt/M. 1842)

Gerade dieser letzte Text lässt erkennen, dass er wie viele andere nicht von den Händen des berühmten Menschen geschrieben wurde, sondern vielfach anonym – aber dennoch kunstvoll, ergreifend. Aber diese Texte werden meistens übergangen, so auch in meiner überblickshaften Darlegung. Es wären zu viele, die genannt werden müssten.

(Hinweisen möchte ich nur auf den Franziskaner Jacopone da Todi [ca. 1230-1306], dem das Stabat Mater zugeschrieben wurde, der aber auch darum wichtig ist, weil er viele Texte nicht lateinisch, sondern italienisch dichtete.)

Bonaventura (1221-1274)

Bonaventura, ein sehr bedeutender Franziskaner. Um die Auseinandersetzung zwischen Abaelard und Bernhard noch einmal aufzugreifen: Er war gegen eine Trennung von Philosophie und Theologie. Er erkannte eine eigene christliche Weisheit. In seinem Gedicht „Die Nachtigall“ beschreibt er (?) das schöne Singen und das Sterben aufgrund der Sehnsucht nach dem Licht – als Bild für die glaubende Seele. Sie denkt nach und wendet sich dem Kreuz zu, lebt aus Dankbarkeit asketisch, will statt Christus am Kreuz sterben. Die Liebe tötet sie und so gelangt sie zum wahren Leben. Das Kreuz war ein wichtiges Thema, wie auch dieser verlinkte Hymnus deutlich werden lässt und im Grunde das Philomele-Gedicht abstrakter wiedergibt: http://hymnarium.de/hymni-ex-thesauro/hymnen/131-recordare-sanctae-crucis

Mechthild von Magdeburg (um 1207-1282)

hat die Jesus-Minne sehr erotisch dargestellt – allerdings regt sie eher Nachgeborene dazu an, ihre Texte in Gedichtform darzustellen.

Ich komm zu meiner Geliebten, wie eine Taube auf Blumen, sagt Gott zur Seele. In „O du brennender Berg“ heißt es: „Ich bin in dir und du bist in mir / wir können uns näher nicht sein, / denn wir zwei sind in eins geflossen / und sind in eine Form gegossen, / und so sollen wir ewig bleiben unverdrossen. // Wenn mein Herr kommt, dann komme ich aus mir selbst…“. (Ü: Weimer) Gott liebkost die Seele – und das wird an sechs Beispielen dargelegt, drei davon: Sie ist „mein lieblichstes Lager, / meine verborgenste Ruhe /… / ein Bach für meine Glut.“ (Bers)

Grenzen zwischen Gott und Mensch sind eingerissen. Die zwischenmenschliche Liebe, die begrenzt ist, ist in der innigen Liebe Gott-Mensch unbegrenzt. Vorbild für diese Liebesbeziehung Mensch-Gott ist das alttestamentliche Hohelied der Liebe, das schon von Gregor von Nyssa in diesem Sinne erotisierend ausgelegt wurde. In seiner Auslegung ist – kurz gesagt – der Mensch die Taube, die vom Licht Gottes angestrahlt, immer schöner wird. (Es sei auch angemerkt, dass die Oden Salomos auf andere Weise die Grenze verwischen – wie gesehen.)

Gertrud von Helfta (1256-1302)

In dem „Wonnelied“ besingt sie die Bedeutung Jesu für sie: „O Jesu, meine Lieblichkeit, / Du meine süße Seligkeit! / Nach Dir erglüht in Ewigkeit, / Das Herz, das sich in Dir erfreut!“ Jesus Christus gleicht nichts und niemand. Und: „Dies Lied bring´ ich Dir liebend dar / Auf deines Herzens Hochaltar…“. Aber sie ist nicht in der Lage, richtig zu singen, darum: „So juble denn Dir selbst für mich“. Am Ende freut sie sich auf die Begegnung mit dem Geliebten: „O meines Herzens milder Gast! / Der Du mich so geliebet hast, / O führe, sinkt des Lebens Last, / Mich froh in Deiner Heimat Rast!“ (Gesänge der Heiligen)

Zahlreiche Gedichte sind unter dem Link zu finden: https://gedichte.xbib.de/Helfta_gedicht_Dein+Heil+bin+ich.htm

Suster Bertken (1427-1514)

war eine Mystikerin in den Niederlanden. Nach ihrem Tod fand man zahlreiche Schriften in ihrer Zelle. Darunter das Lied „Ich war in mein Höfchen“. Sie ist der Garten, der voller Disteln und Dornen ist und Jesus ist der Gärtner, der den Garten pflegt. Es kann Gutes erst wachsen, wenn er Regen und Sonne gibt. In einem anderen Lied beklagt Jesus, dass die Seele ihn verlassen habe. Die Seele fühlt sich schuldig und Jesus spricht zu ihr, dass er sie beschenken mag. Dann die Seele: „Mein Herz fängt an zu brennen wie ein Seraph „, sie will allein Jesus schauen. Sie spricht Jesus als süßer Bräutigam an, dessen Bild im Herzen ist. Auch will sie ein Minnelied singen – aber sie ist im Tal und kann es nicht – und es folgt ein Minnelied. (Bernhard McGinn: Die Mystik im Abendland 5, Herder 2016) Auf Hadewijch (13. Jh. möchte ich nur hinweisen, weil mir keine Texte vorliegen. In dem Gedicht von Jan van Ruysbroek (1293-1381) „Das Buch von den 12 Beghinen“ – es unterhalten sich die zwölf über die Liebe Jesu, die sie spüren, die sie nicht mehr spüren, die sie den Menschen weitergeben.

Meister Eckhart (ca. 1260-1328) / Umfeld

In diesem Zusammenhang der Mystik möchte ich auf das spannende Gedicht Granum sinapis (Senfsame) hinweisen, das aus dem Umfeld (?) von Meister Eckhart kommt. Es geht um das Wort Gottes, die Trinität, die ein Kreis bildet, den keiner versteht, der aber Ursprung von allem ist. Erkenntnis gibt es in dieser wundersamen Wüste – keiner versteht. Das Gedicht endet in rätselhaften Worten des Mysteriums: „O Seele mein, geh aus, Gott ein / sinke mein ganzes Ich in Gottes Nichts.“ In Aufnahme des Wortes Jesu: Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen, endet es: „verlier ich mich, so find ich dich…“ . Um an ein anderes Wort Jesu zu erinnern: Das Weizenkorn muss sterben, um zu leben. Ebenso muss das „Senfkorn“ sterben, um zum Baum zu werden.

Dies sind ein paar Beispiele von Texten aus unserer Tradition der Mystik. Solche Glaubens-Erfahrungen, die in literarischen Texten Niederschlag gefunden haben, mögen der rationalen Welt fremd sein – aber so manchem Glaubenden geht sie bis heute nah: Grenzen verfließen. Manchen gelingt es besser Unsagbares auszusprechen als anderen. Man muss freilich auch beachten, dass die Übersetzer nicht selten aus dem Umfeld der Romantik bzw. des Jugendstils kommen. Da wird dann emotional manchmal nachgeholfen.

Thomas von Aquin (1225-1274)

war der wohl wirkungsreichste Kirchenlehrer des Mittelalters. Er hat die Philosophie des Aristoteles mit platonischen Traditionen verbunden und zu einer neuen christlichen Philosophie weitergeführt. Er hat äußerst viel Wichtiges geschrieben – und hörte dann auf einmal auf, weil er, wie überliefert wird, während einer Messe eine Offenbarung hatte und ihm alles Geschriebene wie Stroh vorkam. Auch von ihm liegen Gedichte vor, die er zur Einführung des Fronleichnams gedichtet hat.

In ihnen wird die Nähe Christi im Abendmahl / in der Eucharistie besungen: „Preist aus frohem Herzenstriebe / Jesum Christum groß und gut, / Das Geheimnis Seiner Liebe, / Dies Sein Fleisch und dies Sein Blut, / Das der Herr der Nationen, / Den Maria uns gebar, / Um die Menschen zu verschonen, / Einst vergoß am Kreuzaltar“ (Adoro te devote) – Vor seinem Sterben wollte Jesus Christus den Seinen das Beste geben, was er besaß, und so gab er sich selbst im Brot und Wein. In einem weiteren Text besingt er, dass Jesus Christus im Brot verborgen ist, Gefühle, Geschmack, Augen können nicht begreifen, genauso wenig wie das Sterben Jesu am Kreuz begreifbar ist (Lauda Sion Salvatorem). Aber der Glaube vertraut dem Wort Jesu. Der Glaube treibt das Herz zum Schauen. Das Lied endet in Bitten, eine davon: „O verleihe stets von Dir zu leben mir, / Und vermehr mein heißes Sehnen stets nach Dir!“ (Gesänge der Heiligen; die einzelnen Eucharistischen Hymnen: http://www.kathpedia.com/index.php/Thomas_von_Aquin ) (Ein weiterer Eucharistischer Text – von Johannes Peckham [1220/5-1292]: https://de.wikipedia.org/wiki/Ave_vivens_hostia ; von ihm gibt es auch Lieder zur Trinität: http://hymnarium.de/vitae/93-johannes-peckham )

Bruder Wernher (1225-1250?): politisch und kirchenpolitisch aktiv, Kritiker falscher Priester; auch er ruft zum Kreuzzug auf (Ich wil dem kriuze singen). Maßstab für seine Klerus-Anklagen ist die christliche Ethik.

Boppe (2. Hälfte 13. Jh.)

„Wenn über die Welt herrschen würde ein Mann / und sein Geist/Verstand (sin) durchdringe, was nie ein Sinn durchsann, / wenn er Wunder über Wunder wäre; / wenn das Glück ihn trüge bis zum Himmel /… /“ was wäre das von Nutzen, wenn er nicht Gottes Huld erworben hätte? (Ob al der werlte gar gewaltic). Was Boppe auch begeistert, das Wunder: der Klumpen Erde ist Gefährte des Schöpfers: Gott wurde Mensch. Er betont auch den Priester, der dem Menschen die Gnade Gottes in vielfältiger Weise zukommen lässt (Taufe, Abendmahl).

Wir sehen an ihm wie auch an Thomas von Aquin, dass der Priester eine größere Rolle zu spielen beginnt. Aber auch die schon gehörte Kritik an den Priestern zeigt, dass man ihnen eine große Rolle zuwies, diese aber der Rolle nicht gerecht werden.

Dante Alighieri (1265-1321)

Eines der spannendsten und umfangreichsten Dichtungen ist die Göttliche Komödie von Dante. Dante hat die italienische Sprache zur Literatursprache gemacht – und hat in seinem Werk die Politik (nicht nur die seiner Zeit) aus der christlichen Perspektive seiner Zeit widergespiegelt. Er greift die Liebeslieder auf, ebenso wie die Kirchenkritik, agiert politisch – und darauf lege ich jetzt den Schwerpunkt – hat in der Darlegung des christlichen Glaubens die Mystik des Bernhard von Clairveaux aufgegriffen. Und das in Form eines gereimten Textes – genauer einer Terzine. Jesus Christus kommt kaum vor, denn er hat mit dem Fegefeuer (Teil 2) genauso wenig zu tun wie mit der Hölle (Teil 1). Auch im Paradies ist er nicht zu finden (Teil 3) – da dort nur Geschöpfe leben. Dann aber kommt das Ziel des gesamten Werkes: Die Gottesschau, die durch Maria ermöglicht wird, aber kaum auszusprechen ist. Und in dieser Gottesschau (durch Marias Augen) sieht er die Dreieinigkeit (Ü: Karl Vossler: Dante Alighieri, Illustrationen von Monika Beisner, Faber&Faber Leipzig 2001, Bd. 3).

„Du ewig Licht ruhst in dir selbst allein / verstehst, erkennst dich, bist erkannt, verstanden / in dir und lächelst dir in Liebe zu. / Der Lichtkreis, der, in dir so eingeschlossen, wie eine Spiegelung von dir erschien, / von meinen Augen um und um betrachtet, / erwies sich mir mit unserem Ebenbild / in seinem Innern in derselben Farbe / bemalt, daß ich mich ganz darein versenkte.“

Kurz vorher heißt es: „Doch jetzt bleibt meine Rede hinter der / Erinnrung weit zurück und stammelt nur, / als wie ein Knäblein an der Mutter Brust…“.

Er konnte kaum das sagen, was er sah, und er konnte nur sehen, weil er selbst im Schauen Gottes verwandelt wurde. Das Farben-Licht, das er gesehen, nimmt ihn so sehr gefangen, so dass sein Wille nichts anderes mehr will. Diese hier genannten Zitate sind ein Teil des Schlusses der Komödie Dantes. Kurz vor seinem Tod hat er dieses sein Werk vollendet.

Pestepidemie

(Es sei angemerkt, dass die Zeit von 1347 bis ca. 1351 die Zeit der großen Pest-Epidemie in Europa war, die danach immer wieder (lokal) aufkam. Ab 1290 kam es schon zu Hungersnöten. In Deutschland starb vermutlich 10% der Bevölkerung an dem „Schwarzen Tod“ und 1/3 der europäischen Bevölkerung. Folgen waren: Büßerbewegungen bzw. gerade das Gegenteil: Man gab sein Geld aus, um noch was im Leben zu erleben [Gelage, Sex…], Autoritäten (Kirche, Herrscher) wurden missachtet, es herrschte Gesetzlosigkeit, dazu gehörten auch Judenpogrome. Auswirkungen nach der Pest: Als sich alles wieder geordnet hatte, gab es massiven wirtschaftlichen Aufschwung, Maschinen wurden immer stärker zur Unterstützung der Arbeit aufgrund von Menschenmangel entwickelt.)

Edward II. (1284-1327)

Dazu siehe:

Christine de Pizan (1362-1430)

Sie wurde in Venedig geboren – und hat wie viele Dichterinnen und Dichter italienischer Herkunft die antiken Gottheiten im Blick. Ihr Vater war Astrologe und ging mit der Familie, als sie noch Kind war, nach Paris. Sie war philosophisch und theologisch sehr gebildet, zitiert die antiken Philosophen häufiger, auch im Kontext religiöser Themen, zum Beispiel über das Leben nach dem Tod. Das mag damit zusammenhängen, dass eben auch antike Autoren als solche angesehen werden konnten, die von Gottes Geist erregt worden waren. Ob sie das auch kannte – das ist Spekulation – aber da sie gebildet war, kann man davon ausgehen. Sie wurde eine sehr gefragte Schriftstellerin. Bedeutsam ist „Das Buch von der Stadt der Frauen“, in dem sie mit Gott hadert, dass sie als Frau geboren wurde und nicht als Mann. dann erkennt sie jedoch unter vielem anderen: Gott hat durch viele Frauen seine Macht gezeigt. Er hat in seiner Weisheit auch die Frauen geschaffen und darum dürfen sie nicht in Selbstzweifeln an sich als Frau leben. Sie hat unter anderem auch ein Buch zum Thema Frieden geschrieben – und überhaupt schriftstellerisch in die politischen Wirren ihrer Zeit eingegriffen. Gleichwohl hat es nichts geholfen – die Zeit des 100jährigen Krieges (1337-1453) war voll entbrannt, gleichermaßen gab es massive innenpolitische Kämpfe.

Der Tod ihres Mannes war wohl ein wesentlicher Auslöser, intensiver Gedichte zu schreiben. Sie hat viele Liebesgedichte geschrieben – aber auch ein paar Gedichte liegen mir vor (leider ist die sprachliche Barriere zu groß), in denen sie ihren Glauben ausspricht. In ihrem Buch über das Schicksal beschreibt sie ihr Leben und das der Völker. Interessant ist, dass sie das Üble dem Schicksal zuschreibt, nicht Gott (obgleich er alles regiert) – und soweit ich an den Texten, die mir vorliegen, sehe, dadurch der Theodizee-Frage entkommt. Was ihr Leben betrifft: sie dankt Gott, dass er ihr das Talent gegeben hat und in seiner Gnade dieses Talent entfalten lässt. Wir finden bei ihr literarische Gebete zu Maria, und auch ein Gedicht über ihre Zeitgenössin Jeanne d´Arc (1412-1431), in dem sie Gott dafür dankt, dass er durch dieses Mädchen wirkt. Das ist wohl das letzte Gedicht, das wir von ihr haben. Sie starb in dem Kloster, in dem auch ihre Tochter lebte. (CC. Willard [ausgewählt und hg.v.]: The Writings of Christine de Pizan, Persea Books 1994)

Heinrich (von) Laufenberg (1391[?]-1460)

war Priester – sein Werk ist im Krieg 1870 fast vollständig vernichtet worden.

Er singt ein Gute-Nacht-Lied für ein Kind und bittet Jesus, weil er auch ein Kind war, das Kind zu behüten: „Nun schlaf, nun schlaf, mein Kindelein! / Jesus soll freundlich bei dir sein, / Er wolle, dass dir träume wohl / und werdest aller Tugend voll. / Ach Jesu, Herre mein, / behüt dies Kindelein.“ (EG 468) In dem Lied: „Ich wollt, dass ich daheime wär“ sagt er seiner Seele: „Denn alle Welt ist dir zu klein, / du kommest denn erst wieder heim“ – zu Gott (EG 517). Bis es aber soweit ist, muss Gottes Fülle ins Herz kommen. In seinem Lied „Komm, Heiliger Geist, erfüll mein Herz“ bittet er darum. Nur so kann er Frieden, Versöhnung, Ruhe der Gedanken bekommen. Ebenso gelangen nur auf diese Weise die sieben Gaben des Geistes in sein Herz (Weisheit, Erkenntnis, Einsicht, Rat, Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht). Er schreibt auch sehr volkstümliche Texte, so „Ich weiß ein lieblich Engelspiel„. In diesem heißt es: „Da zieht Gott von der Hande sein ein Ringelein von Golde: `Sieh, edle Seele, das sei dein; denn ich bin dir in Ewigkeit gar holde“ (EG für Rheinland und Westfalen 1901 *32) Das heute bekannte Lied: Es kommt ein Schiff geladen (EG 8) wie auch In dulci jubilo (EG 35) waren ursprünglich ein Marienlied und Weihnachtslied von Laufenberg. Das Erstgenannte wird auch Johannes Tauler zugeschrieben.

Grenzen durchbrechen: Die Welt ist dem Menschen zu klein. Darum wollen heute die Einen ins All hinaus, andere denken sich wunderbare Phantasiewelten aus, wieder andere erfahren Gott und schauen auf ihn.

Francois Villon (1431-?)

Francois Villon war ein Dichter, der zunächst zu studieren begann, dann allerdings in die Unterwelt abrutschte. So manches Mal wurde er aufgrund von Wohlgesonnenen aus dem Gefängnis und von der Todesstrafe befreit. Seine Gedichte sind bissig. Wenn er um Gnade bittet – greift er an. Diplomatie und Leisetretrei sind nicht sein Ding. Zuletzt verlieren sich Informationen über ihn. Er schreibt in seinem Gedicht: Notwendige Nachschrift unter anderem, was man auf sein Grabstein schreiben soll (Ü: https://www.lyrix.at/lyrics/francois-villon/):

Dann wird vielleicht im Jahr
Zweitausend des Herrn Jesu Christ,
die Welt noch wissen, wer Villon gewesen ist.

Man weiß noch, wer er war.

In seiner Anweisung zum Gebet, das an seinem Grab zu sprechen ist, schreibt er:

„O Herr, gib diesem armen Luder hier
den Frieden, den er bei einem wilden Tier,
gemeinhin Mensch genannt,
nicht fand. Er war der Erde ärmster Knecht,
es ging ihm schlimmer noch als schlecht,
man hat ihn angespien und Schande in sein Fleisch gebrannt.
Er hatte nur den Wind zeitlebens im Gesicht,
O Herr, nun schenk ihm Licht von deinem Licht.“

(Greift er mit den ersten hier zitierten Zeilen das Lied aus dem 9. Jh. auf: Da pacem, Domine: „Herr, gib deinen Dienern den Frieden, den ihnen die Welt nicht geben kann“? https://de.wikipedia.org/wiki/Verleih_uns_Frieden_gn%C3%A4diglich) Er beklagt sein Leben, dass er getrieben wurde und auch, dass er schuldig wurde. Das kommt in vielen Gedichten vor, einschließlich der Bitten, dass Gott ihm verzeihen möge. Dass der Glaube auch in seinem Leben eine (kleine?) Rolle spielt, wird im Großen Testament ausgesprochen:

Auch Du, Maria, warst nicht schlecht zu mir,
mit Deinem Bild im Herzen schlief in mir das Tier.
Auch den Apostel Sankt Johannes kröne
mein Dankwort für so manchen Trost in großer Not.

In seinem Galgenlied beschreibt er die Gehenkten und:

ihr Brüder, denkt an unsre eigenen Missetaten,
die wird man nicht so leicht mit Bibelsprüchen los.

Michael Beheim (1420-nach 1470)

war politischer Dichter und hat seinen jeweiligen Fürsten gehuldigt ( Der furst mich hett in knechtes miet, ich ass sin brot und sang sin liet – kurz: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing). Dennoch führte er ein Leben am Rand – Leben auf der Grenze. Zuletzt in Heidelberg am Hof, aber seine Lieder waren dann vermutlich nicht mehr gefragt, weil mehrstimmige Chöre beliebter wurden. Zuletzt wurde er an seinem Heimatort erschlagen.

Er hat ein raffiniertes Gedicht geschrieben, das man laut Einleitung besonders lesen muss: „O Mensch, nach dem Himmel trachte ・ nicht – / verachte Gott und seine Mutter…“ „An Reue und Beichte denke ・ nicht – stirb in Verzweiflung“. Nach den Tugenden, die er aufzählt, beendet er den Text: „Lebst du in dieser Weise bis zu deinem Tod, / dann wird, das glaube mir, deine Seele gerettet. / Das verspreche ich dir für immer.“ (aus: Löffler/Willer [Hg]: Geistliche Lyrik)